Andacht „to go“ 21. Juni 2020 – 2. Sonntag nach Trinitatis

Eröffnung

Gepriesen sei Gott, der allmächtige Vater.
Gepriesen sei sein eingeborener Sohn, Jesus Christus, unser Herr.
Gepriesen sei der Heilige Geist, der Tröster. Ehre und Ruhm, Ruhm und Ehre der
Allerheiligsten Dreifaltigkeit, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist.

Stille

P s a l m 145 ( Gottes ewige Güte)

1 Ein Loblied Davids.
Ich will dich erheben, mein Gott, du König, und deinen Namen loben immer und ewiglich.
2 Ich will dich täglich loben und deinen Namen rühmen immer und ewiglich.
3 Der HERR ist groß und sehr zu loben, und seine Größe ist unausforschlich.
4 Kindeskinder werden deine Werke preisen und deine gewaltigen Taten verkündigen.
5 Sie sollen reden von deiner hohen, herrlichen Pracht und deinen Wundern nachsinnen;
6 sie sollen reden von deinen mächtigen Taten und erzählen von deiner Herrlichkeit;
7 sie sollen preisen deine große Güte und deine Gerechtigkeit rühmen.
8 Gnädig und barmherzig ist der HERR, geduldig und von großer Güte.
9 Der HERR ist allen gütig und erbarmt sich aller seiner Werke.
10 Es sollen dir danken, HERR, alle deine Werke und deine Heiligen dich loben
11 und die Ehre deines Königtums rühmen und von deiner Macht reden,
12 dass den Menschen deine gewaltigen Taten kundwerden und die herrliche Pracht deines Königtums.
13 Dein Reich ist ein ewiges Reich, und deine Herrschaft währet für und für. Der HERR ist getreu in all seinen Worten und gnädig in allen seinen Werken.
14 Der HERR hält alle, die da fallen,
und richtet alle auf, die niedergeschlagen sind.
15 Aller Augen warten auf dich,
und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
16 Du tust deine Hand auf
und sättigst alles, was lebt, nach deinem Wohlgefallen.
17 Der HERR ist gerecht in allen seinen Wegen
und gnädig in allen seinen Werken.
18 Der HERR ist nahe allen, die ihn anrufen, allen, die ihn ernstlich anrufen.
19 Er tut, was die Gottesfürchtigen begehren, und hört ihr Schreien und hilft ihnen.
20 Der HERR behütet alle, die ihn lieben, und wird vertilgen alle Gottlosen.
21 Mein Mund soll des HERRN Lob verkündigen,
und alles Fleisch lobe seinen heiligen Namen immer und ewiglich.

Gebet

Heiliger Gott,
Wir haben viel Grund, deinen Namen zu loben. Auf dich ist Verlass.
Du bleibst uns treu.
Vieles andere ist ins Wanken geraten:
Menschen haben uns enttäuscht,
Werte haben sich geändert
und wir stehen oft so unter Druck,
dass wir schon mit Angst aufwachen.

Gott, du weißt,
wie verunsichert wir im Innersten sind,
an wie vielen Verletzungen wir leiden
und wie viel Scham und Wut
wir hinter Masken von Coolness verbergen.
Behüte uns vor allem,
was uns krank macht.
Hilf uns, wenn wir zu zerbrechen drohen.
Sei uns gnädig
und leite uns mit deiner Güte
durch unser wechselhaftes Leben. Amen

Bibellesung aus 1. Mose 28,10-15 (Jakob schaut die Himmelsleiter)

Glaubensbekenntnis

Ansprache

Man hat das Gefühl, Corona ist allgegenwärtig.
Das Virus hat unseren Alltag mächtig durcheinandergebracht.
Bis Ende Februar, Anfang März konnten wir unseren Tagesablauf ganz gut vorhersagen. Ich frühstücke mit meiner Frau, ich gehe zur Arbeit, ich halte ein Schwätzchen am Gartenzaun, ich gehe in eine Kneipe oder in einen Gottesdienst, Besuche ein Museum, gehe ins Schwimmbad oder ins Kino, besuche eine Party oder ein Konzert. Wenig davon war überhaupt noch möglich.
Unser Alltag braucht Rituale. Die regelmäßigen Wiederholungen können nerven, sind aber meist eine wichtige Stütze.
Ich muss mich nicht jeden Tag neu erfinden.
Für die einen sind die Ausfälle des Vertrauten eine Katastrophe. Schulen, Kitas, Arbeitsalltag, unser ganzes Leben ist betroffen.
Für die anderen ist die Krise eine Zäsur, ein Überdenken der Lebensgewohnheiten, eine Entschleunigung des Alltags.
Viele Einschränkungen werden aktuell zurückgenommen. Wir schauen darauf mit gemischten Gefühlen. Über allem steht die Frage, wann kommt die zweite Welle? Ist das Corona-Virus Segen oder Fluch für uns?
Es gibt viele biblische Begriffe, die in unserer Alltagssprache geläufig sind. Es gibt viele, deren Bedeutung aber verblast sind.
Können wir das, was wir erleben, mit der biblischen Bedeutung von Segen und Fluch in Verbindung bringen?
Die Corona-Krise hat unseren Alltag im Griff.
Täglich stellen wir uns Fragen und schlagen uns mit Ängsten und Sorgen herum. Wann erlangen wir wieder etwas Normalität?
Wann dürfen wir wieder Freunde treffen oder ins Restaurant gehen ohne auf Abstand und Hygiene zu achten?
Vor Corona bestimmte der Klimawandel die Diskussion.
Es war ein ringen um die Arbeitsplätze und wirtschaftlichen Strukturen und die Zukunft unserer Nachkommen. Wir spüren gerade, dass sich die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie positiv auf das Klima auswirken.
Die Schadstoffbelastung durch weniger Verkehr und Produktion sind spürbar gesunken. Gewässer erholen sich.
Langfristig können die wirtschaftlichen Folgen aber dazu führen, dass die Klimaziele hintenanstehen. Ist die Corona-Krise Segen oder Fluch für unser Klima?
Wir reisen gern. Viele atmen durch, weil der Urlaub wieder möglich scheint.
Viele freuen sich auf Urlaub, Sonne, Strand, Berge und mehr. Reiseziele innerhalb Deutschlands boomen.
Hätte man vor einem halben Jahr die Frage gestellt, ob man im Sommer 2020 bereit sei, auf Flug- oder Schiffsreisen zu verzichten, wäre das für die meisten undenkbar geworden.
Ist Corona auch hier Segen oder Fluch?
Ganz anders stellt sich die Frage nach Segen oder Fluch für unsere Kinder dar. Sie sind sehr empfänglich für Einflüsse, die auf sie niederprasseln. Zunächst gehen sie meist unbefangen mit Neuem um. Gerade die soziale Isolation von Freunden und Schule und Kita kann für unsere Kinder und Enkel ein ernsthaftes Problem darstellen. Wir fragen uns, welche Auswirkungen wird diese Krise auf ihre Zukunft haben.
Ist Corona Segen oder Fluch für unsere Kirchen und Gemeinden?
Damit unsere Gottesdienste und Versammlungen nicht zu Corona Hotspots werden, wurde das kirchliche Leben zurückgefahren werden.
Jetzt starten wir wieder, aber mit vielen Einschränkungen.
Statt mit Freude an schönen Gottesdiensten, vielleicht mit Angst vor Ansteckung. Gleichzeitig entdecken wir in den Gemeinden die neuen Medien. Suchen neue Wege zu den Menschen.
Hier in Wartenberg stellen wir unsere Onlineangebote auf unserer Homepage zur Verfügung. Wir zeigen so den Gemeindegliedern: Wir sind da! Wir zeigen Gesicht, und wir haben in dieser Krise nicht die Sprache verloren.
Für den Schriftsteller Rainer Langhans (79), ehemaliges Mitglied der Kommune 1, ist die Corona-Krise kein Fluch, sondern ein Segen.
Er lebt nach eigenem Bekunden schon Jahrzehnte in einem Lockdown.
Im Münchner Abendblatt schreibt er: «Corona ist ein Segen - und eine Hilfestellung für Veränderung und innere Einkehr.»
Die Klimabewegung «Fridays for Future» habe leider nicht ausgereicht. «Es musste eine Krankheit kommen, die alle Menschen zwingt, sich zu ändern, zu besinnen und runterzufahren. Wir haben gelernt, dass es eben nicht egal ist, wenn in China ein Sack Reis umfällt. »
Segen oder Fluch, diese Frage stellt sich an vielen Stellen. Beide Begriffe werden gebraucht, um Erfahrungen einzuordnen, deren Auswirkungen wir noch nicht ganz überschauen können.
Salopp formuliert ist der Segen ein Happy End und der Fluch eine Katastrophe. Wenn etwas gut ausgeht, fühlen wir uns gesegnet, wenn etwas schlimm läuft, fühlen wir uns verflucht.Wenn wir von Gottes Segen sprechen, unterstellen wir uns und andere dem Machtbereich Gottes. Der Fluch hingegen entfernt uns von Gott und verbindet uns mit bösen Mächten. Der Segen lässt und die Gegenwart der guten Mächte erfahren. Der Fluch dagegen ist Lebensvernichtend.
Vielleicht werden die biblischen Begriffe Fluch und Segen ja so oft bemüht, weil das Virus, wie der Theologe Fulbert Steffensky schreibt, ein Gottesprädikat hat.
Es ist – wie Gott selbst - allgegenwärtig.
Es ist die erste Nachricht am Morgen und die letzte am Abend. Es ist diktatorisch gegenwärtig.
Steffensky mahnt: es diktiert uns, was wir zu bedenken haben und was wir zu vergessen haben. Es zwingt uns, nur noch auf uns selbst zu blicken. Wir verlieren unseren Sinn für das gemeinsame. Wir reagieren zunehmend hysterisch, weil unsere Gesundheit zum ausschließlichen Thema wird.
Das kann wirklich zu einem Fluch werden, den Corona verlangt, was alle Götzen verlangen, nämlich, dass man Angst vor ihm hat. Wer Angst hat sieht nur noch die Gefahr. Wir nehmen nicht mehr wahr, dass Gott weiterhin schöpferisch am Werk ist. Wir verlieren den Sinn für die Schönheit des Lebens.
Wir übersehen die wunderbare Blütenbracht um uns herum. Wir haben kein Ohr für die Lieder der Amseln.
Wir haben plötzlich auch keinen Blick mehr für den sterbenden Wald, die flüchtenden Menschen, die Gewalt und den Hass, der immer noch Menschen trennt. Unser Vertrauen in unseren Alltag und auch in Gottes Güte wurde durch Corona erschüttert. Wir schauen auf die Funktion des Systems. Der Laden muss am Laufen gehalten werden.
Wir können unsere Gesellschaft aber nicht nur in Funktionsträger und Risikogruppen aufteilen. Jeder Mensch hat ein Recht auf Nähe, Vergnügen und an den Kontakten zu anderen. Einsamkeit und die Sinnlosigkeit des eigenen Lebens sind ebenso häufige Todesursachen. Die Angst vor dem Virus hat uns im Griff.
Doch es gibt auch Versuche, dieses Virus zu überlisten.
Wir aktivieren Gegenkräfte. Wir verlagern unsere Arbeit in die heimische Umgebung und unsere Kinder lernen am Küchentisch.
Wir entwickeln Strategien, um durch diese Krise zu kommen.
Viele Leute machen Musik auf Balkonen oder vor Altenheimen und Krankenhäusern. Andere treten am Abend vor ihre Wohnungen und singen das Abendlied von Matthias Claudius, „Der Mond ist aufgegangen“.
Wir tun etwas, was nicht notwendig oder wie man so schön sagt, systemrelevant ist.
Ich bekomme auf Facebook oder Whatsapp fast jeden Tag Mut machende, gute Worte zugesandt. Worte, die mir Zuversicht und Hoffnung geben.
Worte, die mir sagen, du bist von Gott behütet und gesegnet in dieser Krise. Eines dieser Worte lautet: „Vertraue auf Gott, aber halte dein Boot von den Felsen fern!“ Dieser Satz erinnert mich daran, nach den Möglichkeiten zu schauen, die mir das Leben bietet und dennoch wachsam zu sein, dass weder ich, noch Menschen, die mit mir unterwegs sind, zu Schaden kommen.
Mir ist bewusst, dass Leben immer gefährdet ist und der Tod viele Gesichter hat. Vertrauen auf Gott heißt, dass ich mir bewusst bin, dass Gott mit mir unterwegs ist. Er bei mir an guten Tagen und auf den Wegen durch finstere Täler.
Im ersten Buch Mose sagt Gott zu Jakob „Ich will mit dir sein!“ (1. Mose 28). Segen ist also nicht nur etwas das von oben über uns kommt, sondern das „Mit- Sein“ Gottes. Im Neuen Testament wird der Name Jesu (Immanuel) als „Gott mit uns“ (Mt. 1,23) gedeutet.
Und Jesus Christus verspricht uns nach der Auferstehung, dass er bei uns ist, alle Tag, bis an der Welt ende (Mt 28,20). Diese Zusage begleitet jede Taufe.
Die Bibel erzählt davon, wie der Segen Gottes von Abraham ausgehend immer weitere Kreise zieht und uns bis heute in eine heilvolle Verbindung bringt. Dieser Segen Gottes lässt sich durch ein von Menschen gemachtes Virus nicht aufhalten. Er strömt aus, wie ein Fluss, der von einer weit entfernten Quelle entspringt. Ob ich das Virus daher als Fluch oder Segen empfinde hängt davon ab, ob ich meiner Angst etwas Wirksames entgegensetzen kann.
Wir erleben in dieser Krise, wie Menschen Mitgefühl zeigen und füreinander sorgen. Wir werden achtsamer für das, was wirklich wichtig ist.
Wir vertrauen uns in dieser Krise Gott an.
Dietrich Bonhoeffer hat in seiner dunkelsten Stunde geschrieben, „dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Bonhoeffer ist sich angesichts der Bedrohung des Lebens sicher, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen“. Gottes Segen füllt diese Widerstandskraft auf. Wir leben als gesegnete Gottes, auch in dieser Krise.
Amen.

EG 170

Komm, Herr, segne uns, dass wir uns nicht trennen,
sondern überall uns zu dir bekennen.
Nie sind wir allein, stets sind wir die Deinen.
Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.

Vaterunser

Mein Segen für Sie!
Mögest du jeden Tag wieder dankbar mit dir zusammenleben. Amen.

Ihr Pfarrer Michael Gütgemann

 


 

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