Andacht „to go“ für Sonntag den 03. Januar 2021 – 2. Sonntag nach Weihnachten

 

Wochenspruch:
"Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit." (Joh 1, 14 b)

Eröffnung:
Wir zünden eine Kerze an und feiern Andacht Zuhause:
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Lied EG 36, 1.3.5.6.10
Fröhlich soll mein Herze springen

Psalm 100 nach EG 740
Jauchzet dem Herrn, alle Welt! Dienet dem Herrn mit Freuden,
kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken! Erkennet, dass der Herr Gott ist!
Er hat uns gemacht und nicht wir selbst
zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide. Gehet zu seinen Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben;
danket ihm, lobet seinen Namen!
Denn der Herr ist freundlich, und seine Gnade währet ewig und seine Wahrheit für und für.
Ps 100,1b-5

Eingangsgebet
Wir haben Weihnachten gefeiert.
Behutsam gehen wir nun die ersten Schritte in das neue Jahr.
Zeige uns einen guten Weg.
Bringe uns das Träumen wieder bei.
Bekehre uns zu deinen großen Verheißungen. Wecke die guten Geister in uns:
die Hoffnung und die tätige Liebe. Schärfe unsere Augen für das Leid in der Nähe und in der Ferne.
Lass uns tun, was wir tun können, und die Liebe dorthin tragen,
wo sie gebraucht wird.
Amen

Predigttext Lukas 2, 41-52
41 Und seine Eltern gingen alle Jahre nach Jerusalem zum Passafest. 42 Und als er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf nach dem Brauch des Festes. 43 Und als die Tage vorüber waren und sie wieder nach Hause gingen, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem, und seine Eltern wussten's nicht. 44 Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten, und kamen eine Tagereise weit und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten. 45 Und da sie ihn nicht fanden, gingen sie wieder nach Jerusalem und suchten ihn. 46 Und es begab sich nach drei Tagen, da fanden sie ihn im Tempel sitzen, mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. 47 Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten. 48 Und als sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Und seine Mutter sprach zu ihm: Mein Kind, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. 49 Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist? 50 Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen sagte. 51 Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth und war ihnen gehorsam. Und seine Mutter behielt alle diese Worte in ihrem Herzen. 52 Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen.

Predigt zu Lukas 2, 41-52
Bunt geschmückt sind in diesen Tagen Häuser und Straßen. Auch in den alten biblischen Weihnachtsgeschichten gibt es viel zu sehen: der Verkündigungsengel, der Priester Zacharias und Elisabeth, Josef, der die schwangere Maria nicht im Stich lässt, das Kind in der Futterkrippe, die Hirten mit ihren Engeln, die Weisen aus dem Morgenland, Kaiser Augustus und König Herodes, und nicht zuletzt der alte Simeon und die Prophetin Hanna.

Am heutigen Sonntag steht nicht das Krippenkind im Zentrum, Gott als Kind, das von Menschen erst noch großgezogen werden muss. Auch der Heiler und der Bergprediger Jesus ist noch fern, der Gefolterte, den die Römer auf ihre grausamste Hinrichtungsart töten werden, der uns mit allen Gefolterten der Welt verbindet. Heute erleben wir Jesus als Jugendlichen. Es ist die einzige Geschichte, die von seiner Jugendzeit erzählt. Wir begegnen dem Zwölfjährigen am Passafest. Dieses Hochfest Israels erinnert durch Jahrhunderte hindurch an den Auszug aus Ägypten. Als Fest der Unfertigen, die unterwegs sind, mit noch nicht gesalzenem und durchsäuertem Brot wird es gefeiert. Wir begegnen dem Zwölfjährigen im Tempel, mitten im Zentrum jüdischen Glaubens, dem zentralen Ort der Gottesbegegnung.
Jesus knüpft an die jüdische Tradition an, spricht mit den Gelehrten, diskutiert und ringt um das richtige Verständnis des Gesetzes. Jedenfalls zeigt sich, wie tief Jesus in der jüdischen Kultur verwurzelt ist. Bei ihm trifft aufeinander, was wir zu trennen gewohnt sind. Und das beleuchtet unser eigenes Verhältnis zum Judentum.

Als Zweites zeigt uns die Geschichte sein fast befremdliches Verhältnis zu seiner Familie. Bei den Katholiken gehört sie merkwürdigerweise zum Fest der Heiligen Familie. Ohne Wissen seiner Eltern bleibt der Junge in Jerusalem zurück. Er geht seinen eigenen Weg, sucht nach seinem wirklichen Vater, der ihn das Leben lehrt. Dass ein Kind verloren geht, das ist ein Albtraum, gehört für Eltern zu den ganz schlimmen Erfahrungen. Plötzlich ist das Kind verschwunden. Das haben viele von uns schon erlebt. Viele Eltern machen auch sonst schmerzliche Erfahrungen mit ihren Sprösslingen.
„Ihr seid von gestern!“, sagen sie. „Ich habe über mich selber zu bestimmen!“ Sie finden Weihnachten mit seinem ganzen Klimbim einfach zum Davonlaufen. Jesu Eltern machen sich wieder auf den Weg, um ihr vermisstes Kind zu suchen. Und als sie den Verlorenen endlich wiederfinden, tadelt ihn die besorgte Mutter: „Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“ Jesu Antwort provoziert. Josef bekommt ins Gesicht gesagt, dass er nicht der Vater ist. Auch das Leiden der Maria, der Schmerzensreichen, der Mater dolorosa, wird deutlich. Sie hat einen Sohn, aber sie besitzt ihn nicht. Sie muss ihn loslassen. Die katholische Volksfrömmigkeit spricht von sieben Schmerzen der Maria. Auch andere Mütter können ein Lied davon singen. Später reagiert Jesus schroff auf den Wunsch der Mutter, die ihn drängt: „Tu doch was!“ – „Weib, was habe ich mit dir zu schaffen!“, antwortet er der Maria. Die Familie versteht ihn nicht, hält ihn für verrückt, versucht mehrfach, ihn zurückzuhalten.

Ein Zwölfjähriger liest uns heute die Leviten. Die einzige Geschichte aus der Jugend Jesu ist keine Jugendgeschichte. Es geht nicht um einen Jugendlichen, der mit seinen Eltern im Clinch liegt. Es geht auch nicht um einen lernbegierigen Schüler, um ein frühreifes Wunderkind. Der springende Punkt ist ein anderer. Das zeigt das allererste Jesuswort, von dem die Bibel berichtet: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“ Jesus weiß von Anfang an, wer er selber ist und wer sein Vater ist. Der Klage seiner Mutter: „Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht“ stellt er seinen ganz anderen Vater entgegen. Er ist zu Hause bei Gott. Jesus muss in dem sein, was seinem Vater gehört. Damit ist nicht nur der Tempel gemeint, den er auch gleich wieder verlässt, sondern alles zu Gott Gehörende. Jesus stellt sein Leben in einen ganz anderen Rahmen. Die Familie ist nicht sein Lebensmittelpunkt. Gott selbst ist sein Vater. Gott selbst ist seine Mutter. Das ganz enge Verwandtschaftsverhältnis zu Gott ist Zentrum seines Lebens. Von daher leitet sich dann alles andere für ihn ab. Das bedeutet eine riesige Horizonterweiterung und neues Netzwerk weltweit. Weder Familie noch Tempel reichen ihm aus. Er hat ein anderes Zuhause. Auch den Tempel wird er wieder verlassen. Wir begegnen Jesus in der Wüste, auf dem See, auf dem Berg. Später reinigt Jesus den Tempel, will ihn abreißen und in drei Tagen wiederaufbauen. Gott hat für ihn nicht nur mit sakralen Bauten oder mit dem Klerus zu tun. Immer wieder treten in seiner Nachfolge auch gerade Laien als Zeugen der Kraft Christi auf: Paulus verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Zelttuchmacher. Petrus Waldus und Franz von Assisi, die Vertreter des armen Lebens Jesu, waren Kaufleute. Jakob Böhme, der tiefe Seher der Geheimnisse Gottes, war ein Schuster. John Bunyan, der Autor der vielgelesenen „Pilgerreise“, war ein Kesselflicker und Gerhard Tersteegen, der Dichter innigster mystischer Lieder, ein Bandwirker. Wir legen das Christentum viel zu sehr in die Hände der Berufschristen. Wenn das kein Fehler ist! Und fragen wir: Wo ist Gott?, so hören wir, Gott ist größer als die Familie, größer als der Tempel, größer als die Kirche.

Jesus rechnet überall mit der wirksamen Gegenwart Gottes. Jesu Vaterhaus fehlt jede Enge. Gottes Haus hat keine Mauern. Gottes Haus ist international. Und in diesem Haus finden auch wir eine neue Heimat, eine Großfamilie mit Schwestern und Brüdern weltweit, denn alle Menschen sind dazu bestimmt, Töchter oder Söhne Gottes zu sein.
„Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?“, so fragt Jesus später und sagt gleich dazu: „Wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mir Bruder, Schwester und Mutter.“ Jesu wahre Verwandte sind nicht die Blutsverwandten. Alle, die Frieden stiften, die Sanftmütigen, die Barmherzigen, alle, die ihre Feinde lieben, sind Kinder, Söhne und Töchter Gottes, auch die Armen und Kranken, die Ausgestoßenen. Jesus lädt uns ein in die Weite der Welt Gottes. Gebt euch nicht mit Kleinem zufrieden! Gott erwartet Großes!

Wissen Sie, was das ist: die Sicht der Maus? Die Sicht der Maus, so nennen es die Indianer, wenn ein Mensch glaubt, ohne Träume leben zu können. Sie wissen ja: Die Maus lebt ganz dicht am Boden, zu kurzsichtig, um irgendwas zu merken. Das Wichtigste für sie ist ihr kleines Mauseloch. Mäuse gibt es auf der ganzen Erde. Mit uns Menschen ist es genauso. Die Sicht der Maus beherrscht den Alltag vieler Menschen. Auch gerade Frauen lassen sich leicht in ein mäusliches Leben einsperren. Aber du weißt gar nicht, was du dir antust, wenn du meinst, nur so leben zu können. Siehst du nicht, wie dein Leben verarmt, wie du dich klein machst?
Wir brauchen den weiten Horizont. Was Gott seinen Töchtern und Söhnen ans Herz legt, ist keine Sicht der Maus. Die Bibel ist ein unbescheidenes Buch. Sie lehrt uns den weiten Horizont, die ganz großen Wünsche, die sich nicht zufriedengeben. Sie fragt uns immer wieder: Sind nicht eure Wünsche an das Leben zu klein? Sicht der Maus? Mach’ dein Leben doch nicht nur zu einer ständigen Sorge um gute Noten, Karriere, Kontostand, das beste Sonderangebot, dein Aussehen, deinen Kalorienhaushalt. Es gibt ganz anderes, was du dir wünschen solltest, als sechs Richtige im Lotto.
Gebt euch nicht mit Kleinem zufrieden! Gott erwartet Großes!

Unser altes Europa ist müde geworden. Viele Ideale, die es früher in Aufregung versetzten, hat es längst über Bord geworfen. Aber die Bibel sagt: Eines, das dürft ihr nie im Leben wegwerfen: das sind die großen Hoffnungen, die Gott uns ans Herz legt. Die braucht ihr! Die lasst euch um nichts in der Welt wegnehmen! Gebt euch nicht mit Kleinem zufrieden! Gott erwartet Großes! Nur mit einem Bein stehen wir in der Gegenwart. Das andere Bein steht in der Zukunft. Da ist der Durst, den diese Erde nicht löscht. Da sind die Erinnerungen an das Paradies, aus dem wir ausgetrieben sind. Da sind die großen Verheißungen Gottes, die wir herbeiträumen, herbeiglauben, herbeiarbeiten. Aber Träume und Trauer gehören zusammen, denn die Kehrseite der Träume unseres Glaubens ist die Trauer. Gerade Gottes Verheißungen, gerade sie lassen uns am Zustand unserer Welt leiden. Und die Träume des Glaubens schärfen unsere Augen für das Leid, lehren uns mitleiden und ändern unser Leben. Möge uns Gott bekehren zu den großen Verheißungen. Möge er uns wieder das Träumen beibringen. Es gibt so etwas wie einen Sog zum Guten. Gott, unser Vater, unsere Mutter, wecke die guten Geister in uns: die Hoffnung und die tätige Liebe. Er lasse uns die Liebe dorthin tragen, wo die Armen erniedrigt werden. Und er lasse uns tun, was wir tun können. Amen.

Von Anna-Dorothea Biersack

Fürbittengebet
Wir haben das Fest der Menschwerdung Gottes gefeiert, damit wir menschlicher werden.
Lass uns menschlicher werden,
dass wir uns nicht im Kleinen verlieren,
sondern wissen, dass Gott Großes von uns erwartet. Lass uns menschlicher werden,
wenn es darum geht, die Schöpfung zu bewahren. Lass uns menschlicher werden,
wenn es darum geht, die Güter dieser Erde gerecht und verantwortungsvoll zu teilen. Lass uns menschlicher werden, wenn Arme erniedrigt werden,
wenn wir mit Ausgestoßenen, Andersdenkenden und Fremden zu tun haben.
Lass uns menschlicher werden,
wenn es gilt, den Frieden zu bewahren und den Feind nicht mehr Feind sein zu lassen.

Vater unser im Himmel …

Lied EG 34
Freuet euch, ihr Christen alle

Segen
Möge Gottes Segen mich begleiten auf den Wegen, die vor mir liegen, möge das Glück mich niemals suchen müssen, möge es mich finden, wo immer ich bin. Möge Sonne mein Herz erwärmen und der Wind mir einen kühlen Kopf schenken. Möge Gott mir helfen, aus Herausforderungen neue Chancen zu machen, aus neuen Chancen neue Wege und aus neuen Wegen neue Ziele. Ein Jahr voller Sonnenschein wünsche ich mir und wenn es regnen sollte, möge du mir, guter Gott, einen guten Freund an meine Seite stellen, der schützend den Schirm über mich hält. Wo immer mich die Wege im neuen Jahr hinführen wünsche ich mir einen Cent in der Tasche, einen guten Freund an meiner Seite, ein Lächeln auf meinen Lippen und ein Lied in meinem Herzen. Dein Heiliger Name sei gelobt! Amen.

 

Mit diesen Segenswünschen am Beginn des Neuen Jahres wünschen wir Ihnen, dass Sie Wege finden, die Sie gut in 2021 gehen können.

Ihre Pfarrer

Kerstin & Michael Gütgemann

 


 

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