Predigt Erntedank Dtn 8,7-18 (Übersetzung Luther 2017) am 02.10.2022
7 Denn der HERR, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, ein Land, darin Bäche und Quellen sind und Wasser in der Tiefe, die aus den Bergen und in den Auen fließen, 8 ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt, 9 ein Land, wo du Brot genug zu essen hast, wo dir nichts mangelt, ein Land, in dessen Steinen Eisen ist, wo du Kupfererz aus den Bergen haust. 10 Und wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den HERRN, deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat. 11 So hüte dich nun davor, den HERRN, deinen Gott, zu vergessen, sodass du seine Gebote und seine Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, nicht hältst. 12 Wenn du nun gegessen hast und satt bist und schöne Häuser erbaust und darin wohnst 13 und deine Rinder und Schafe und Silber und Gold und alles, was du hast, sich mehrt, 14 dann hüte dich, dass dein Herz sich nicht überhebt und du den HERRN, deinen Gott, vergisst, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft, 15 und dich geleitet hat durch die große und furchtbare Wüste, wo feurige Schlangen und Skorpione und lauter Dürre und kein Wasser war, und ließ dir Wasser aus dem harten Felsen hervorgehen 16 und speiste dich mit Manna in der Wüste, von dem deine Väter nichts gewusst haben, auf dass er dich demütigte und versuchte, damit er dir hernach wohltäte. 17 Du könntest sonst sagen in deinem Herzen: Meine Kräfte und meiner Hände Stärke haben mir diesen Reichtum gewonnen. 18 Sondern gedenke an den HERRN, deinen Gott; denn er ist's, der dir Kräfte gibt, Reichtum zu gewinnen, auf dass er hielte seinen Bund, den er deinen Vätern geschworen hat, so wie es heute ist.
Erntedank ist doch das mit dem Danken und der Ernte, oder?, liebe Gemeinde!
Doch eine dankbare Stimmung will an diesem Erntedankfest 2022 nicht so richtig aufkommen.
Und die Ernte ist aufgrund der Sommerhitze und des Klimawandels auch nicht so üppig ausgefallen.
Sonderlich optimistisch, glücklich oder gar dankbar ist unser Lebensgefühl gerade nicht.
Dennoch haben unsere Küsterinnen wieder mit viel Liebe aus ihren eigenen Vorräten den Altarraum geschmückt.
Wir leben in einer Art Zeit des Übergangs.
Die Heizkostenpauschalen sind noch nicht bei allen auf die neuen Preise angepasst. Doch wir ahnen, dass das dicke Ende schon bald kommen und das bisherige Leben sich grundlegend ändern wird.
„Der Winter naht!“ Viele von uns haben regelrecht Angst vor dem Winter und dem neuen Jahr.
Wir sind auf der Schwelle und betreten Neuland.
Nur dass es anders als für die Israeliten vor ca. 2600 Jahren, kein Land mit überquellen Ressourcen sein wird.
Corona, Krieg, Klimawandel – führen nicht nur wirtschaftlich in eine Depression. Gerade wenn ich mir euch – die neuen Konfirmandinnen und Konfirmanden anschaue, frage ich mich oft in welcher Zukunft werdet ihr leben?
In dem Lied „Meine Zeit steht in deinen Händen“ heißt es: „mutlos frag ich, was wird morgen sein“.
Wo sind die Kräfte, die ich mobilisieren kann für meine Wüstenzeiten und Wüstenwanderungen?
Werde ich 2,3 Jahre durchhalten? Hoffentlich werden es nicht 40 lange Jahre!
Wo bleiben die Zuversicht und die Hoffnung?
Dieser Sonntag stellt den Dank in den Mittelpunkt. Mit der Dankbarkeit ist es aber gerade so eine Sache.
In Firmen und Körperschaften gehört sie zur Unternehmens- und Führungskultur.
Am vergangenen Donnerstag war ich beim Elternabend in der Angersbacher Kita.
Die Mitarbeitenden dort sind Angestellte unserer Kirchengemeinde.
Gerade haben wir eine Erzieherin nach 47 Dienstjahren verabschieden. Andere sind 10, 20 und schon fast 30 Jahre bei uns tätig.
Ich habe für diese Treue und Verbundenheit an diesem Abend nochmals besonders gedankt.
Heute bedanken wir uns im Erntedankgottesdienst für ein jahrzehntelanges Engagement in der Kirchengemeinde, in Angersbach, Rudlos und darüber hinaus.
Unsere Dekanin, Frau Dr. Seibert, ist gekommen, um den Dank der EKHN auszusprechen und eine Dankurkunde an Inge-Lore Möller und Annette Löhnert zu überreichen.
So ein Dank bereitet Freude. Es hilft, die Momente des Erfolgs im Herzen zu behalten und für die Zukunft fruchtbar zu machen.
Unser Predigtabschnitt aus einer Rede des Mose stellt das Thema „Dankbarkeit“ in den Mittelpunkt.
Für Mose ist es wichtig zu betonen, dass das was er sagt, heute gilt, auf der Schwelle in eine neue Zeit.
Heute sind dir die Gebote, Gesetze und Rechte gegeben worden.
Heute kündigt Gott dir Gutes an und ist im Begriff dich auf dem Weg zu führen.
Heute erkennst du im Rückblick auf die frühere Wüstenzeit, die Corona-Krise mit all ihren Veränderungen und Einschränkungen und den Krieg in Europa, dass und wie Gott dir geholfen hat.
Doch wofür soll ich an diesem Erntedankfest Gott dankbar sein?
Dass ich das Glück habe, gerade in einem Land zu leben, dass manche schlimmen Folgen dieser Krise abfedern kann, dass es noch keinen Krieg in ganz Europa gibt, dass ich die Heizung zwar sparsam dosiert, aber doch aufdrehen kann, dass ich bisher davor bewahrt geblieben bin im Keller von meinen Notvorräten zu leben?
So ganz will sich bei mir auch hier die Dankbarkeit nicht einstellen.
Mose erinnert auf der Schwelle in eine neue Zeit ganz bewusst an Gottes Handeln in der Geschichte.
Er geht zurück bis zur Schöpfung und vorwärts bis ins Exil und die unbekannte Zukunft die nun folgt.
Auf der Schwelle in eine neue Zeit fasst Mose die gesamte biblische Überlieferung zusammen einschließlich der Gabe der Gebote am Sinai.
Es ist eine Erinnerung an Gottes Handeln in guten und in schwierigen Zeiten.
Wir brauchen solche Verheißungen, damit wir aus der Sorgenspirale herauskommen.
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, diesen Satz aus der Moserede hat Jesus später aufgenommen (Mt 4,4).
Für den Lebensunterhalt müssen wir arbeiten, doch das Leben das Gott für uns will ist so viel mehr als Mühe und Arbeit.
Heute werde ich daran erinnert, dass ich mein Leben ganz und gar Gott anvertrauen kann.
Heute wird mir bewusst, dass ich von Gott herkomme.
Gott ist es, der mir Kraft gibt, mich den Herausforderungen des Lebens zu stellen.
Heute danke ich Gott: in diesem Gottesdienst für die Ernte, die trotz schwieriger klimatischer Verhältnisse und dem Krieg eingebracht werden konnte und die stellvertretend am Altar sichtbar aufgebaut ist.
Heute danke ich Gott, gleich beim Mittagessen für die Sättigung.
In der kommenden Woche danke ich Gott; bei der Arbeit, indem ich mir klarmache, dass nicht mein Broterwerb den ersten Platz in meinem Leben einnimmt, sondern der Sinn, die Hoffnung und die Würde, die Gott meinem Leben gibt.
Heute kann ich dankbar zurückschauen, wie Gott mich bis jetzt auch durch schwierige Zeiten begleitet hat.
Mir jeden Tag genau so viel Manna gab, dass ich durchhalten konnte und mich nach dem tödlichen Schlangenbiss wider alles Erwarten auferstehen ließ und wie er mir den Durst gestillt hat.
Heute erinnern wir uns daran, was wirklich wichtig ist im Leben.
Heute hier im Gottesdienst begegne ich meinem mir zugedachten Heil. Heute beginnen wir Gott wieder zu danken.
So wie im Psalm 23: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln!“ (Ps 23,1)
Weizen, Gerste, die Weinstöcke, Feigenbäume und Granatbäume, Olivenbäume und Honig sind da.
Wir haben uns an diesen Zustand gewöhnt: immer mehr, immer preiswerter, immer besser für das Auge.
Jedes Abweichen von diesem Prinzip erleben wir als Unmöglichkeit und Unrecht.
Das Problem der Sattheit und der Selbstverständlichkeit des Guten ist kein neues Problem.
Schon Mose wusste davon, wenn er sagt: "Pass auf und vergiss den Herrn, deinen Gott, nicht! Übertritt nie seine Gebote, Bestimmungen und Gesetze, die ich dir heute verkünde!"
Das Gute vergessen wir leicht. Und gleichzeitig wissen wir, dass das Gute gepflegt werden muss.
Wer einen Garten hat, wer Zimmerpflanzen besitzt, wer ein Haustier hat, der weiß, dass es der Pflege bedarf, wenn Pflanzen und Tiere gedeihen sollen. Gutes bleibt nicht von allein gut.
Die Bewahrung der Schöpfung ist unser Auftrag, auch wenn der Glaube an den Schöpfer dies nicht voraussetzt.
Und wem der Glaube wichtig ist, der wird noch einmal mehr diese Verantwortung wahrnehmen und dafür Sorge tragen, dass das Leben in dieser Welt gefördert und nicht verhindert wird.
Die Verfasser des Predigttextes erinnern die Israeliten daran, dass sie in Ägypten Sklaven waren, und Gott sie befreit hat.
Auch das gehört zum Erntedankfest, dass wir uns an die Freiheit erinnern, die Gott uns geschenkt hat.
Menschen, die vor Krieg und Terror flüchten müssen sind keine Sozialtouristen, sie wollen vielmehr die Freiheit für ihr Leben bewahren, dass durch kriegerisches Treiben bedroht wird.
Erntedank heißt, die Menschen im Elend und in der Not heute nicht zu vergessen. Viele von uns haben immer noch mehr als genug an Lebensmitteln und Kleidung, an Wohnraum, Energie und Geld.
Lasst uns dazu beitragen, dass dieser Winter nicht als schrecklicher Kältewinter, sondern als Winter der Mitmenschlichkeit in unserer Gemeinde in Erinnerung bleibt.
Wir können –Gott sei Dank- von dem was wir haben abgeben und teilen als Zeichen unseres Dankes. Denn "Wenn du isst und satt wirst, dann danke dem Herrn, deinem Gott! Er hat dir dieses gute Land gegeben."
Weizen, Gerste, die Weinstöcke, Feigenbäume und Granatbäume, Olivenbäume und Honig sind die sieben heiligen Früchte des jüdischen Neujahrsfestes der Früchte.
Heute feiern wir unser Fest der Früchte, Erntedank! Wir feiern den Dank für die Früchte des Feldes, der Gärten und der Bäume.
„Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt, o Gott, von dir. Wir danken dir dafür!“ Mein liebstes Tischgebet. Damit ist eigentlich alles gesagt.
Für welche Früchte dankst du besonders in diesem Jahr 2022 deinem Gott?
Amen
Pfarrer Michael Gütgemann, Wartenberg
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